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Rasseportrait - Geschichte und Verbreitung
Das Berberpferd gilt neben dem arabischen Pferd als eine der Gründerrassen weltweit. Auf 7000 v. Chr. werden Knochenfunde von Pferden aus Algerien datiert und um 1200 v. Chr. malen die Bewohner der Sahara zahlreiche Felsbilder mit Pferden unter dem Reiter und vor dem Wagen. Dies müssen die Vorfahren der Berberpferde gewesen sein, die Pferde von verschiedenen Bevölkerungsgruppen aus dem indo-germanischen Raum, die sich in der Kornkammer Nordafrikas niederliessen.
Die Pferde der Numidier waren geschätzt von den Karthagern, zogen mit Hannibal nebst Elefanten über die Alpen, eroberten Troja und waren an vielen Schauplätzen der damaligen Welt beliebt und gefürchtet. Es waren lange Jahrhunderte die einzigen brauchbaren Reitpferde, die man besass.
In Europa kannte man zu der Zeit nur schwere, kaltblutverwandte Pferde vor dem Wagen. Erst Jahrhunderte später bekamen die arabischen Pferde Bedeutung, etwa 500 n. Chr. als Mohamed der Prophet die Pferdezucht fest im Koran verankerte. Da waren die Berber bereits seit fast 2000 Jahren bekannt. Ihren Namen erhielten die Berber von den Griechen, die mit "Barbaros" alles "Nicht-Griechische" benannten. Die Numidier und Libyer im antiken Afrika kannten diesen Begriff für sich und ihre Pferde nicht und empfanden ihn als Schimpfwort.

Während der islamischen Eroberung im 7. und 8. Jahrhundert wurden Berberpferde mit den eingeführten Pferden der arabischen Stämme gekreuzt. So züchtete die Bevölkerung in Nordafrika schon vor über 1000 Jahren die ersten Araber-Berber.
Durch gezielte Kreuzung erhielt man eine eigene Rasse, die auf unvergleichliche Weise die Vorteile dieser beiden Ursprungsrassen verbindet. Araber-Berber vereinen den Mut, die Nervenstärke, Robustheit und Treue des Berbers mit der Schnelligkeit, Ausdauer und Schönheit des Araberpferdes.
Die Kombination dieser Eigenschaften macht sie so besonders. Auf diese Weise wurde der Berber fast verdrängt und galt lange als vom Aussterben bedroht. Erst Bestrebungen in der jüngeren Zeit besinnen sich darauf, das Berberpferd zu erhalten und zu schützen.

Das Berberpferd hat nahezu alle Pferderassen der Welt beeinflusst, am meisten das andalusische Pferd während der 700 Jahre dauernden Herrschaft Nordafrikas über Südspanien.
Mit Christoph Kolumbus kamen sie in die neue Welt und stellen die entfernten Vorfahren nahezu aller latein- und nordamerikanischen Pferderassen dar.

Die Erfolgsstory der Berberpferde endete in Bezug auf Europa noch lange nicht auf der iberischen Halbinsel. Vom 15. bis ins 20. Jahrhundert beeinflussten die Tiere aus Nordafrika so ziemlich jede Rasse und das auf höchstem Niveau! Als lebendes Juwel eroberte das "Cheval de Barbarie" (Pferd aus dem Berberland) gemeinsam mit seinen iberischen Kreuzungsprodukten, den Geneten, die noblen Stallungen des europäischen Hochadels. Königliche Pferde wurden zu Pferden der Könige. Wer auch immer etwas auf sich hielt und es sich leisten konnte, beschaffte sich die Exoten aus dem Süden. Ansonsten gab es im Norden Europas noch keine wirklich eleganten Reitpferde, sondern überwiegend schwerere Schläge. Besonders England, Spanien, Italien und Frankreich nutzten Kontakte nach Nordafrika und pflegten einen regen Warenaustausch, bei dem natürlich auch Pferde den Weg nach Europa fanden.

Pluvinel unterrichtete Louis XIII. auf einem Berber namens „Barbe Bay“, später besser bekannt als „Le Bonnite“ – so genannt wegen seiner aussergewöhnlichen Güte. Von diesem ganz besonderen Pferd berichtet er: „Dieses am besten gerittene Pferd des Christentums ist das Vorbild aller Dressurpferde, nicht so sehr wegen seiner Schönheit, sondern wegen seiner begnadeten (oder anmutigen) Bewegungen bis zum Terre à Terre.“

Um den legendären Godophin Barbe ranken sich viele Geschichten, nachzulesen in dem Buch "Legendäre Pferde der Berber". Fest steht jedoch, dass dieses nordafrikanische Pferd einer der Gründerhengste der Anglo-Araberzucht ist und somit unsterblich wurde!

Noch zu Beginn des 20. Jahrhunderts war der Berber im gesamten Maghreb Fortbewegungsmittel Nummer Eins und sicherte den Personenverkehr zwischen den Ortschaften. Auch in der Feldarbeit war er unentbehrlich. Leider spielte er aber auch in der jüngeren Geschichte eine tragende Rolle als Kriegspferd. Die Rasse zahlte dafür einen blutigen Tribut. Selbst deutsche Soldaten zogen im Zweiten Weltkrieg auf dem Rücken tunesischer Pferde bis Moskau. Der Verlust unter den Pferden wird dabei vorsichtig auf etwa 10'000 geschätzt. Die nordafrikanischen Kriegspferde der französischen Spahi-Truppen blieben nach Auflösung der Kolonien in Europa. Die Tiere landeten in Reitställen, der Pferdetyp versank in der Bedeutungslosigkeit. Viele Berber und Araber-Berber wurden ins Zuchtbuch für Anglo-Araber eingeschrieben, andere wurden als O.I. (Origine inconnue – Herkunft unbekannt) geführt. Damit war die offizielle Zucht in Frankreich beendet.
Auf der anderen Seite des Mittelmeers erging es den Berbern noch deutlich schlechter. Wer auch immer es sich leisten konnte, suchte den Anschluss an die Motorisierung in der Landwirtschaft. Viele Bauern verkauften ihre Pferde an Händler. Schiffe transportierten die Berber nach Marseille. Wöchentlich endeten 500 bis 1'000 Tiere in den französischen Schlachthäusern. Der Genpool der Rasse wurde dramatisch reduziert. Eine Pferdepestepidemie erledigte 1967/68 den Rest.
Nur wenige Berberpferde überlebten ohne Papiere nahezu unerkannt in den Reitclubs, waren einfach im Umgang, genügsam, billig in Anschaffung und Unterhalt. Vital bis ins hohe Alter fanden sie viele Fans, die von diesem Pferdetyp begeistert waren und auch begannen, sie zu züchten. 1987 wurde der Weltberberverband, die „Organisation Mondial du Cheval Barbe“ (OMCB) gegründet. 1989 nahm man den Berber wieder in die französischen Zuchtbücher auf. Als fremde Rasse – paradox angesichts des Einflusses, den er auf nahezu alle europäischen Rassen genommen hat.

Ein weiterer königlicher Rittmeister, Sollysel, schreibt:
„Der Mut der Berberpferde ist sicher bemerkenswert, sie gehen immer noch in den Krieg, bis sie gebrochene Knochen haben oder noch einen Tropfen Blut im Körper besitzen. Sie retten ihren Reiter aus dem Gemenge, so was habe ich noch nie gesehen, sie haben eine exzellente Größe und eine reine Kraft, ein freundliches Naturell und Folgsamkeit. Man sagt, die Berber sterben, aber sie altern nicht, weil sie immer ihre Nerven und Lebenskraft behalten.“

Verbreitung
Die am weitesten verbreitete Pferderasse im gesamten nord-
afrikanischen Raum ist mit über 95% der Araber-Berber, gefolgt vom Anglo-Araber, dem Vollblutaraber und dem Berber.
Die Heimat des Berbers ist Nordafrika, genauer die drei Maghreb-Staaten Tunesien, Algerien und Marokko. Jedoch findet man auch in den angrenzenden Staaten wie Mauretanien und Libyen Araber-Berber und Berber. Das riesige Zuchtgebiet bietet den Pferden einen sehr unterschiedlichen Lebensraum. Fruchtbare Täler gehören ebenso zu den Verbreitungsgebieten wie Hochebenen und Gebirge. Weiter im Süden in wüstenähnlichen Gegenden findet man hingegen eher Kamele, da dort die Futtergrundlage für Pferde fehlt.
In Ländern wie Spanien, Frankreich und Italien ist das Araber-Berber-Pferd bereits seit längerem bekannt und erfreut sich dort sehr grosser Beliebtheit. Auch in Deutschland, der Schweiz und anderen europäischen Ländern finden Araber-Berber immer mehr Anhänger!

Der Berber: Nervenstärke, Neugier und Treue
Wer einmal nähere Bekanntschaft mit Berberpferden gemacht hat, wird sie als gutmütig und treu empfinden. Den Respekt muss man sich jedoch bei aller Gutmütigkeit schon verdienen. Hat man das eindeutig geklärt und ist die Rangfolge klar, muss das für eine andere Person noch gar nichts heissen. Vermenschlicht gesehen würde man diese Eigenschaft als „Treue“ bezeichnen, und genau diese Eigenschaft wird auch in der Literatur viel zitiert. Man geht sogar so weit, den Berber als „Hund, den man reiten kann“ zu bezeichnen. In der Antike passt das Klischee noch besser. Da sollen diese Pferde ihren Reitern ohne Sattel und Zaumzeug überallhin gefolgt sein und viele berichten auch heute noch von diesen Eigenschaften.
Die Menschenbezogenheit auf ihre Bezugsperson ist eine der vielen Eigenschaften, die den Berber so sympathisch machen. Er ist ein Pferd fürs Leben, das für und mit seinem Herrn durch Dick und Dünn geht. Berber neigen eher selten dazu, vor Gefahren blindlings davon zu laufen. Meist tendieren sie schon als Fohlen dazu, besonnen stehen zu bleiben und erst mal zu beobachten, wie ernst man die scheinbare Bedrohung wirklich nehmen muss. Weiterhin sind die Pferde neugierig und für alles zu begeistern – Hauptsache, es macht Spass. Eintönige Wiederholungen in der Bahn langweilen sie.
Es macht wenig Sinn, den Berber nach seinen Herkunftsländern in verschiedene Typen einteilen zu wollen. Es scheint eher angemessen, eine Typisierung nach äusseren Merkmalen vorzunehmen, die wiederum von den Bedingungen der unterschiedlichen Zuchtregionen geprägt wurden.

Die Grösse und das Gebäude des Pferdes werden massgeblich von seiner geografischen Herkunft beeinflusst. Pferde, die über Generationen in so unterschiedlichen Gebieten wie fruchtbaren Küstenebenen, kargen Gebirgen, kalten und steppenartigen Hochebenen oder am Rande der Sahara gezüchtet wurden, unterscheiden sich zum Teil erheblich im Aussehen. Es ist nur natürlich, dass Temperatur und Niederschläge grossen Einfluss auf die Vegetation haben und dass die Entwicklung eines Tieres zusammenhängt mit seiner Ernährung und seiner Umwelt. Selbstverständlich hat auch der Mensch durch seine Auslese grossen Einfluss auf Aussehen und Charakter der Tiere.
Hält man sich das riesige Zuchtgebiet vor Augen, das sich im Wesentlichen von Südmarokko bis nach Tunesien auf über 3'000 Kilometer erstreckt, ist die Bildung von lokalen Typen nicht verwunderlich und hat ihre Berechtigung. Nur an die jeweils vorherrschenden Klimabedingungen und Nutzungsweisen angepasste Pferde bringen die beste Leistung. In den regenreichen und fruchtbaren Küstenebenen in Algerien und Marokko sind die Pferde schwerer, grösser. In den Bergregionen sind die Tiere stämmiger und weniger elegant. In den Hochebenen findet man ein gut entwickeltes, harmonisches, gut genährtes Berberpferd, das man vielleicht als am typischsten einstufen kann. Die Pferde am Rande der Sahara sind leichter, hochbeiniger und sehr elegant. Aber so grundverschieden diese Typen alle sein mögen, sie haben doch eines gemeinsam: die legendären Qualitäten des Berbers.

Die Bewegungen des typischen Berbers sind kurz und kraftvoll. Die Pferde können durchaus das Tempo eines Warmblüters halten, jedoch mit höherer Schrittfrequenz. Da der kompakte Rücken dabei erst gar nicht ins Schwingen kommt, sitzt der Reiter äusserst bequem und nahezu erschütterungsfrei – ideal für Menschen mit Rückenbeschwerden und auf langen Ritten.
Kurze Schritte, kompakter Bau und ihre natürliche Aufmerksamkeit machen diese Pferde extrem trittsicher. Ein kleiner Fehltritt wird sofort korrigiert, auch steiles, steiniges Gelände und holprige Wege stellen kein Problem dar. So mancher Reiter, der an europäische Rassen gewöhnt ist, staunt nicht schlecht, welche Hänge diese Pferde auch in unseren Breitengraden wie Ziegen überwinden. In ihrer Heimat kennen sie oft nichts anderes.
Der Galoppsprung ist sehr kurz und wirkt versammelt. Auch bei höherem Tempo sind Berber immer noch gut zu regulieren und lassen sich auch in der Gruppe gut durchparieren – ein typisches Merkmal für nordafrikanische Pferde. Ihrer angeborenen Aufrichtung in Verbindung mit dem leicht zügelbaren Temperament und der Nervenstärke verdanken Berber und deren Kreuzungsprodukte ihren legendären Ruf als die besten Reitpferde weltweit. Sie wurden und werden geschätzt von Kaisern und Königen, von Kavallerie und Polizei, von Distanz- und Freizeitreitern sowie von Showreitern in Nordafrika wie in Europa.

Quelle: www.azzayani.de